Interview mit Comic-Zeicher Uwe Heinelt

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Steve Rogers alias CAPTAIN AMERICA gehört zu einer der ersten Comicfiguren des Marvel-Universums. Er ist sozusagen der Grundstein für das später immer komplexer werdende Universum der Avengers. Sowohl in den Comics als auch in der gleichnamigen Verfilmung von Joe Johnston verteidigt der Superheld mit aller Macht sein Land gegen die Hydra-Schergen des Red Skull.

Doch wie entstehen eigentlich Comics, die Vorlagen solch spektakulärer Filme? Und was denken die Autoren der gezeichneten Werke selbst über ihre Kunst? Um diese und weitere interessante Fragen zu den Ursprüngen von CAPTAIN AMERICA & Co. zu klären, sprachen wir mit Comic-Zeichner Uwe Heinelt. Heinelt ist ein Vollblut-Comic-Zeichner, der unter anderem die Comicelemente der TV-Serie „Berlin, Berlin“ kreierte und weiterentwickelte.

Vom Zeichnen leben zu können ist sicher nicht einfach. Wie bist Du dazu gekommen, professioneller Comiczeichner zu werden?

Am Anfang war das ein von allen belächelter Wunsch. Ich bin in der DDR groß geworden. Comiczeichner zu werden war ungefähr so realistisch, wie Kosmonaut zu werden. Dann habe ich einfach angefangen: Zeichnungen für Freunde und Bekannte, dann nach der Wende Miniaufträge für symbolische Honorare und dann wurde das immer mehr und immer realer …

Was braucht man, um erfolgreich zu sein?

Ich glaube da tatsächlich noch an ein paar altmodische Tugenden wie Willenskraft, Durchhaltevermögen, Fleiß, Lernbereitschaft, und das Ganze ohne fanatisch abzudriften und die Welt um einen herum komplett zu vergessen. Und dann sind da noch ein paar modernere Tugenden von Nöten, wie Selbstvermarktung, Kommunikationsfähigkeit und Flexibilität.

Comics sind gesellschaftlich nicht überall als eine Kunstform bekannt/anerkannt. Was entgegnest Du Menschen, die Deine Leidenschaft eher skeptisch betrachten?

Stimmt, im Normalfall denkt der „Normalmensch“ bei Comics an platte Unterhaltung für Kinder. Ich versuche immer wieder zu erklären, dass der Comic einfach ein Erzählmedium ist, mit dem man ebenso wie z.B. mit dem Medium Film verschiedene Inhalte transportieren kann.

Du hast ja auch schon bei Filmproduktionen mitgewirkt, wobei z. T. Comiczeichnungen mit Realfilm verknüpft wurden. Wäre es aus Deiner Sicht sinnvoll, dies auch bei Marvel-Verfilmungen zu machen oder sollte man bei der aktuellen Strategie bleiben und den Comicstoff mittels Realverfilmung umsetzen?

Da wäre ich ganz vorsichtig. Das muss unbedingt zur Stimmung und zum Stil des Realfilms passen. Bei sehr schrägen, lustigen Filmen funktioniert das prima. Aber bei heldenhaften Geschichten mit viel Pathos, wie CAPTAIN AMERICA, geht das meiner Meinung nach gar nicht. Aber einen reinen Superhelden-Zeichentrickfilm, den fände ich schon richtig cool.

Es gibt ja eine Vielzahl von Stilen und Publikationen mit den unterschiedlichsten Herangehensweisen und Ansprüchen. Kannst Du kurz beschreiben, wie sich da eine gewisse „Ordnung“ hineinbringen lässt? Welches sind die Wurzeln des modernen Comics und welches die wichtigsten Strömungen?

Der geschichtliche Teil ist für mich persönlich eher zweitrangig. Wichtig ist es für mich immer wieder die Frage, wie man visuell und erzählerisch eine emotional ergreifende Geschichte kreiert. 

Ansonsten folge ich Scott McClouds Definition von Comics als Bildfolgen im weiteren Sinne. Damit beginnt die Geschichte des Comics nicht erst mit den amerikanischen Zeitungscomics Ende des neunzehnten Jahrhunderts. Die Menschen haben ja wahrscheinlich schon fast von Anfang an Geschichten in Bildfolgen erzählt. Wahrscheinlich ja schon mit der Höhlenmalerei.

Grobe Unterteilungen innerhalb des Comics sind wie in anderen Medien üblich. Comics werden unterteilt nach Inhalt bzw. Genre (autobiographischer Comic, Fantasy, Science Fiction, Kindercomic, Werbecomic usw.) , nach Zeichenstil (von funny/karikaturhaft bis fotorealistisch), nach den nationalen Einflüssen, (Manga, amerikanischer Comic, frankobelgischer Comic usw.) und nach Mainstream und Underground.

Einer der wichtigsten Autoren /Zeichner ist für mich Will Eisner, der mit seinem wunderbar zu lesenden autobiographischen Comicroman „Zum Herzen des Sturms“ den Begriff der Graphic Novel für umfassende ernst zu nehmende und romanhaft gestaltete Comicstories geprägt hat.

Was begeistert dich an Comics besonders – z. B. im Vergleich zu Romanen oder Filmen?

Zugegebenermaßen lese ich mehr Romane als Comics. Ich denke, weil es im Roman mehr Möglichkeiten gibt, Gedanken und Emotionen umfassend zu vermitteln und seinen ganz eigenen Film im Kopf ablaufen zu lassen. Am Comic fasziniert mich mittlerweile das Machen mehr als das Konsumieren. Nur mit einem Stift und einem Blatt Papier kann ich meine ganz eigene Welt visualisieren und eine Geschichte erzählen.

 

Zeichnest Du analog oder digital?

Meistens immer kombiniert. Ich skizziere und zeichne per Hand. Manchmal setze ich auch noch Schatten auf dem Papier. Dann bearbeite und koloriere ich meine Zeichnungen am Computer. Der digitale Anteil variiert je nach gewünschter Anmutung der finalen Arbeit. Mein aktuelles Comicprojekt soll wieder fast komplett ohne PC-Bearbeitung auskommen. Hier arbeite ich nur mit Bleistift und Wasserfarben. Nur der Text und eventuelle Fehlerkorrekturen mache ich am PC.

 

Wie Uwe Heinelt seine Sichtweise in Comics verpackt, können Interessierte auf seiner Internetseite bestaunen. Definitiv alle sollten ab dem 18. August ins Kino gehen, um zu erleben, wie Regisseur Joe Johnston die Comicverfilmung CAPTAIN AMERICA der Zeichner Jack Kirby und Joe Simon meisterlich in Szene gesetzt hat.

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