Finn-Ole Heinrich: „Gestern war auch schon ein Tag“

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Abgefeiert hat die Presse auch Finn-Ole Heinrichs ersten Roman „Räuberhände“ aus 2007, der eigentlich „nur“ eine Fortschreibung einer Kurzgeschichte ist, ich dagegen freue mich vielmehr über seinen nächsten Erzählband „Gestern war auch schon ein Tag“. Scheinbar unbeschwert widmet sich der junge Autor darin wieder den ganz schweren Brocken: Außenseiter stehen im Mittelpunkt seiner Geschichten, wie Susan, der ein Bein amputiert wurde, wie Schubert, der sein Gedächtnis verlor, um kein Langweiler zu bleiben, wie der behinderte Junge Tom oder der gestörte Lügner Henning. Meist geht es Heinrich nicht um die Perspektive des Betroffenen, sondern vielmehr um dessen Umfeld, den Umgang mit ihm. So auch im Fall von Marta, der längsten Erzählung im Buch. Marta, die den Studenten Paul aus seinem geordneten Leben in ihre chaotische Welt reißt, Marta, die ihn trotz fehlender Erotik unvergleichlich betört, Marta, die so fröhlich-frisch perspektivlos sein kann, die schließlich in Pauls Armen ihrem Drogenkonsum erliegt und mir wie ein Stein im Magen zurück bleibt. Kaum ein anderer schafft es wie Heinrich, mich so geballt mit Schicksalsschlägen zu konfrontieren, mich zum Nachdenken und Mitfühlen zu bewegen, ohne dabei jemals den Zeigefinger zu erheben. Heinrich spuckt das Leben einfach so (grauenhaft) aus, wie es ist. Und lässt mich damit allein. Mehr wünsche ich mir von erzählender Literatur auch nicht. Mairisch Verlag 2009, 16,90 Euro (Hardcover).

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