Jack Ketchum: Versteckt

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„Glaubt man an das Monster unter dem Bett? An das Ungeheuer im Schrank?“ Kann sich Dan Thomas den alten Mythen und Geschichten, die sich um das verlassene Crouch-Haus ranken, entziehen? „Ja und nein.“

Doch kneifen kann der Protagonist ohnehin nicht, würde er doch vor der Adrenalin-süchtigen Clique und vor allem der neuen Liebe sein Gesicht verlieren. Noch schlimmer: Zurückgestuft werden zum langweiligen Dorf-Jungen, der er vor ihrem Zusammentreffen immer war. Was deshalb geschah, geschah in jenem Sommer, der Casey und ihre beiden Weggefährten aus der Stadt heraus in das verschlafene Dead River führte, um dem dort tristen Alltag Feuer zu verleihen. Jenem Juni, als sich vier junge Leute an den Ausmaßen eines scheinbar simplen Versteckspiels in den Gemäuern eines Gruselkabinetts folgenreich die Finger verbrannten, um es zaghaft auszudrücken.

Jack Ketchums „Versteckt“ liest sich zunächst wie ein Jugendroman, eine kleine Abenteuerreise, eine süße Liebesromanze. Drei Großstadtgören rebellieren gegen den tristen Familienurlaub, mischen mit ihren waghalsigen Ideen die Provinz-Idylle auf und wecken im Arbeiterjungen Daniel langgehegte Sehnsüchte nach einem aufregenderen Leben, obgleich er die Gefahr stets erahnt. Der Leser würde vielleicht ein trauriges Ende der erzählten Gefühlslinie erwarten, vielleicht auf zerplatzte Träume mit dem Ende der warmen Sommertage und der zwangsläufigen Abreise der Kaff-Eindringlinge warten. Würde nicht Ketchums Ich-Erzähler Dan von Beginn an – die Ereignisse sind während ihrer Schilderung längst vertagt – seine noch immer offen liegenden Wunden verarzten.

So arbeitet man sich, ohne das Werk auch nur einmal beiseite zu legen, durch die Geschichte, stets in Erwartung der Wende, jenes Dans Leben entscheidend beeinflussenden Unglücks, das sich unvermeidlich anbahnt. Jedoch: Leider hat der Nervenkitzel seinen Zenit erreicht, bevor das eigentliche Ende eingesetzt hat. So grausam die letzte Episode auch beschrieben ist, so wenig vermag das Gelesene in die Psyche des Lesers einzubringen, wie es Ketchum beispielsweise mit „Evil“ gelang. Zu sehr hebt der Stoff zuletzt ab, rückt ab von Ängsten, die einem nah und bekannt sind. Am Ende war´s ein spannendes Unterhaltungsbuch mit Horror-Potential, ein Ungeheuer im Bücherschrank, das aber keine bösen Monster unter dem Bett zu erwecken vermag.

 

 

 

 

 

Roman, Heyne Verlag, 256 Seiten

Erscheinungstermin war der 13. Mai

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