Es muss so um 2002 herum gewesen sein, als ich Savatage letztmalig live gesehen habe. Das war in Dortmund auf der „Poets and Madmen“-Tour, Zak Stevens war nicht mehr Teil der Band, für ihn hatte Damond Jiniya übernommen. Wir ahnten nicht, dass dies für mehr als 20 Jahre der letzte Gig der Band sein würde, die wir aufgrund ihrer großartigen, oft sehr poetischen Text und vor allem ihrer charakteristischen Kanons sehr verehrten (das Wacken-TSO-Crossover – Fotos davon haben wir HIER – mal ausgeschlossen).
Es schien, als hätte das Trans-Siberian Orchestra angesichts seines gigantischen auch kommerziellen Erfolgs die Band einfach unter sich begraben. Die immer wieder aufkommenden Comeback-Gerüchte erwiesen sich ein ums andere Mal als heiße Luft, bis schließlich für diesen Sommer nicht nur ein paar Festival-Gigs in Südamerika, sondern endlich auch eine kleine Tour durch Europa angekündigt wurde. Und so sind es an diesem Samstagabend über 3.000 erwartungsvolle Fans, die den Weg nach Oberhausen in die ausverkaufte und gefühlte 40 Grad warme Turbinenhalle antreten, um das zu erleben, was eine gigantische Wiederauferstehung werden soll.
Best-of-Spektakel
Um Punkt 21.10 Uhr stürmen die Jungs um Zak Stevens, der längst auch im Rahmen von TSO wieder zur Savatage-Familie gehört, die Bühne. „Welcome“ (to the Show) ertönt es aus freudetrunkenen Kehlen, es ist der Auftakt zu einem Best of-Spektakel der obersten musikalischen Klasse. Stevens ist stimmlich in Topform und auch der Rest der Band zeigt sich in bester Spiellaune. Mit „Jesus Saves“ und „Sirens“ schnell bringt man das Publikum unmittelbar zum Kochen. Dabei ist das eigentlich nicht notwendig, ist die Temperatur in der Location ohnehin hart an der Grenze des menschlich Ertragbaren.

„The Wake of Magellan“ kulminiert im bekannten Kanon-Gipfel, den die Masse förmlich aufsaugt. Die umstehenden Leute scheinen „ihren“ Part im Kanon gefunden zu haben, um einen herum singt jeder einen anderen Part. Das sind die Savatage, die wir so lange vermisst haben. Überhaupt ist die Mitmachquote erstaunlich hoch. Ich selbst bin etwa in der Mitte der Halle und ich sehe kaum jemanden, der nicht voll bei der Sache ist. Das habe ich so bisher nicht erlebt.

Zum ersten Mal ergreift es mich dann bei „This is the Time“. Ich weiß gar nicht so recht, warum, aber nie war der Refrain so wahr wie heute. Es folgt der Klassiker „Strange Wings“ vom Mountain King-Album, danach geht die Band mit „The Storm“ und „Morning Sun“ ein wenig vom Gas, nur um im Anschluss mit „Handful of Rain“ und „Chance“ zwei weitere Klassiker zu zünden. Die Band genießt sichtlich, wie sie hier gefeiert wird, verzichtet gleichzeitig aber auf überflüssige oder ausschweifende Ansagen, um insgesamt 21 (!) Titel zu präsentieren.
Jon Oliva fehlt
Spätestens bei „Dead Winter Dead“ und „The Hourglass“ biegt die Band auf die Zielgerade ein und startet die Schlussoffensive: Auf „Gutter Ballet“ und „Edge of Thorns“ scheint die Masse geradezu gewartet zu haben. Apropos gewartet: Einer fehlt. Jon Oliva, der Mastermind der Band, kann aus gesundheitlichen Gründen nicht mit der Band touren. Dennoch hat er einen Auftritt: In einem Video, das ihn am Piano zeigt, beginnt er mit „Believe“, dem zweiten Song, bei dem ich den Tränen mehr als nur nahe bin, die Band vollendet eindrucksvoll, während des Solos sehen wir Bilder des viel zu früh verstorbenen Criss Oliva, er erhält von der Menge in der Oberhausener Turbinenhalle Sonderapplaus.
„Taunting Cobras“ und „Hall of the Mountain King“ runden das Savage-Set ab. Als kleine Zugabe (die nicht auf der Setlist stand, ich habe sie im Netz gesehen) bringt man mit „Power of the Night“ ein sehr frühes Werk, bevor sich Band und Masse voneinander verabschieden. Hoffentlich nicht wieder für so eine lange Zeit – und mit ein bisschen Glück auch mit neuer Musik.
Wir haben Fotos von Savatage in Oberhausen.
SAVATAGE
INDUCTION
Alle Fotos: Thorsten Seiffert. No use without permission.
dem ist Nichts hinzuzufügen