Winger sind zurück: Nachdem Reb Beach in letzter Zeit vor allem durch orgiastische Gitarrensoli zusammen mit Doug Aldrich in der aktuellen Whitesnake-Besetzung auffiel, greift er nun wieder bei den Melodic-Hardrocker um Bassist und Sänger Kip Winger zur Sechssaitigen. Dass es sich bei Winger um ausschließlich großartige Musiker handelt, muss gar nicht groß ausgewalzt werden. Dass sich die Band aber in den späten 80ern und frühen 90ern bei ihren ersten drei Scheiben zwischen brillanten Hooklines und peinlichem Mainstream-Hairmetal bewegten schon eher. Winger IV knüpft an die ersten beiden, sehr erfolgreichen Winger-Platten an, und lässt das schwache Drittlingswerk aus dem Jahr 1993 links liegen. Damals neigte sich die Band etwas zu sehr dem grungigen Zeitgeist zu und wurde prompt mit einem deftigen Flop bestraft. Wäre der Sound nicht so fett, könnte man beim Durchhören der elf Songs denken, dass es sich um eine Veröffentlichung aus der Hochzeit des haarigen Metals, also den 80ern, handele. Während vor allem die knackigeren Momente der CD (“Right up ahead”, “M16”, “Short flight to mexiko”) gefallen, kommen andere Songs (“Can’t take it back”, “Blue suede shoes”) eher als Lattenschuss beim Hörer an und verfehlen damit das Ziel, Winger wieder zurück in den Rockhimmel zu katapultieren. Bemühte, aber wenig originelle (oder ohrwurmversehene) Refrains, tolle Gitarrenarbeit, bei oft zu schwachem Songwriting machen Winger IV damit zu einer zwiespaltigen Angelegenheit. Fans der Band werden es sicher mögen, neue Hörer werden Kip und Co jedoch damit kaum gewinnen.
Stil: Melodischer Hardrock
Fazit: Einige (aber zu wenige) richtig gute Momente
Master Chief, Junge für alles, Fotograbenkämpfer und Textakrobat. Herausgeber und Erfinder.