Django Unchained

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1858, zwei Jahre vor dem Bürgerkrieg, glaubt eine kleine Westernstadt in den Südstaaten mit einer Fata Morgana konfrontiert zu sein: Da rollt vor ein Düsseldorfer Arzt in einer Kutsche mit einem überdimensionalen Wackelzahn auf dem Dach und einem auf einem Pferd reitenden Schwarzen an seiner Seite. Und knallt bestialisch auf offener Straße den allseits beliebten Bürgermeister ab. Cowboy-Klamauk oder Gesellschaftssatire? Quentin Tarantinos “Django Unchained”, der heute in den deutschen Kinos anläuft, ist natürlich beides. Und ganz viel darüber hinaus.
Der späten Rachen der Juden an den Naziverbrechen in “Inglourious Basterds” folgt nun die große Abrechnung der amerikanischen Sklaven mit ihren Peinigern. Zum Helden erwählt hat der Kultregisseur hierfür Jamie Foxx alias Django “Freeman”, befreit und in Vergeltung ausgebildet durch den deutschen Kopfgeldjäger Dr. King Schultz (Christoph Waltz). In Diensten des Guten führt das charismatische Duo den Zuschauer in dem an Italo-Western angelehnten Blut-buster durch die Prärie und heran an das Scheusal Sklaverei. Kaum überraschend, dass es einem Tarantino keinesfalls genügt, dieses Geschichtsstück in seiner reellen Grausamkeit darzustellen. So hat er neben Quälerei und Menschenhandel kurzum für seine Inszenierung eine die weiße Herrschaft verzückende Spielerei erfunden: die „Mandingo-Fights”, Nigger gegen Nigger, kein Ende ohne Verluste. Plantagenbesitzer Calvin Candie (Leonardo DiCaprio) ist Spezialist auf diesem Gebiet und natürlich selbst deren größter Fan. Leise ahnt der wohlhabende Tyrann zwar, dass es unter tausenden diesen einen speziellen Schwarzen gibt, der anders als seine Leibeigenen ist, doch dass er mit der Versklavung der schönen Broomhilda (Kerry Washington) bereits eben jenen in sein Haus gelockt hat, weiß er zunächst nicht. Bis ihm der treue Stephen (Samuel L. Jackson) einen wertvollen Tipp gibt …

Tarantino stilisiert, er zoomt, schwenkt und schneidet, was das Zeug hält. Er blendet vor und zurück und hat für jede Szene die passende musikalische Untermalung parat, niemals zurückhaltend, immer offensiv. Rasante Schießereien wechseln mit Endlos-Dialogen. Ohne Gewalt und massig roter Farbe auf weißem Grund geht nichts. Dank der Western-Grundlage lässt der Regisseur seine Protagonisten sogar für eigene Verhältnisse mal richtig ordentlich in Blut baden. Er ist in allem immer over the top, mehr als ein bisschen. Und was sein Händchen für die Darsteller angeht, hat er sich auch mal wieder selbst übertroffen: Etwa die erste Stunde scheint der Streifen eine einzige Waltz-Show zu werden, bis, ja bis der zunächst wortkarge Django plötzlich aufdreht und Jamie Foxx zur Rampensau werden lässt. Und bevor einem diese beiden Ausnahmedarsteller auch nur im geringsten langweilig werden könnten, schickt Tarantino, der natürlich auch nicht auf seinen obligatorischen Gastauftritt verzichtet, den fabelhaften Antipathen Samuel L. Jackson an der Seite des in schlicht jeder Rolle souveränen DiCaprio ins Rennen. Mehr geht nicht, und nur weil “Django Unchained” in wenigen Momenten etwas zu sehr übers Ziel hinausschießt und es manch noch besseren Film auf dem Markt gibt, muss ein Pünktchen Abzug her. Trotzdem: Unbedingt ansehen!

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