Ghost sind der Albtraum für jeden, der glaubt, Rockmusik hätte ihren Zauber verloren. Eine Band, die sich nicht mit dem Status quo zufriedengibt, sondern ihn in Flammen aufgehen lässt – und dabei mit Weihrauch wedelt. Seit Tobias Forge 2010 unter der Maske des ersten Papa Emeritus das Debüt „Opus Eponymous“ veröffentlichte, ist Ghost ein Gesamtkunstwerk aus Sakrileg und Stadionhymne, aus Maskerade und Melodie, aus Pop und Parodie.

Forge, der Mann hinter der Maske, hat Ghost zum vielleicht cleversten Zirkus der Gegenwart gemacht. Die Band ist ein wandelndes Mysterium, ein Rock-Drama in mehreren Akten – und Forge ihr einziger, aber immer wieder neu erfundener Hauptdarsteller. Wer sich fragt, wer gerade vorne steht, bekommt keine einfache Antwort: Seit dem ersten Album wechselt der Frontmann seine Identität wie andere Leute ihre Unterwäsche. Papa Emeritus I, II, III, dann der schmierige Aufsteiger Cardinal Copia, der schließlich zu Papa Emeritus IV geweiht wurde – und jetzt, pünktlich zur neuen Tour, steht die nächste Inkarnation auf der Bühne: Papa V Perpetua. Jede Figur ist ein Spiegelbild der jeweiligen Ära, ein Kommentar auf Macht, Religion und die Inszenierung des eigenen Ichs. Forge spielt mit den Erwartungen, mit der Popkultur, mit der Lust am Spektakel. Und das Publikum? Frisst ihm aus der Hand.
Die „Skeletour World Tour 2025“ ist mehr als nur eine Konzertreise. Es ist eine Wallfahrt für alle, die sich nach dem großen Drama sehnen. Ghost inszenieren ihre Shows als sakrale Messen, als theatralische Überwältigung, als bittersüße Farce. Handys bleiben draußen, die Gegenwart wird zum Ritual. Forge weiß, dass Rockmusik im 21. Jahrhundert nicht nur klingen, sondern auch aussehen muss – und Ghost sehen aus wie das Fiebertraumprodukt einer unheiligen Allianz aus Vatikan und Hammer Horror.
Wer Ghost live erlebt, sieht nicht nur eine Band, sondern eine ganze Welt. Die Nameless Ghouls, anonym und uniformiert, geben den Takt an, während Forge als Papa Emeritus – egal in welcher Version – das Publikum zwischen Verführung und Verdammnis balancieren lässt. Ghost sind Pop, Metal, Theater, Satire. Sie sind der Beweis, dass Rockmusik immer dann am lebendigsten ist, wenn sie sich selbst nicht zu ernst nimmt – und trotzdem alles gibt.
So bleibt Ghost das, was Rock’n’Roll immer sein sollte: ein Spiel mit Masken, ein Tanz auf dem Vulkan, ein Fest für alle, die glauben, dass das Beste noch lange nicht vorbei ist.
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Alle Fotos: Thorsten Seiffert. No use without permission.