Um Jack Ketchum konsumieren zu können, brauch es gewiss eine schmutzige Ader. Eine Spur pervers gar ist, wer ihn liebt. Verträgt es denn die Sitte, Lust zu schöpfen aus Verbalinjurien und körperlicher Pein, tyrannischer Liebe und viehischer Notzucht? Liegen denn Ekel und Wollust, Aversion und Amüsement so nah beieinander? Verlangt es Scham, gar Reue, hier zu Bejahren? Ich glaube nicht. Wer sauber bleiben mag, klappt ein Ketchum-Buch besser zu frühem Zeitpunkt wieder zu. Oder greift es besser erst gar nicht aus dem Regal. Wer sich dagegen zu den Literatur-Barbaren zählt – ein solcher bin ich ganz bestimmt – wird den Horrorliteraten mit (übelschmeckendem) Genuss verschlingen.
“The Lost” fesselt den Leser nicht ganz so stark wie “Evil“, kommt aber nah heran: Der Faktor erregende Ernüchterung ist leicht geringer, umso spannender aber zeichnet der Autor die Hintergründe, Motive und Gefühle der Täter und ermittelnden Gesetzeshüter. Fazit: Ketchum gibt hier mehr den Thriller, denn einen Horrorroman, das aber wunderbar. Und sprachlich nimmt er erneut kein Blatt vor den Mund.
Master Chief, Junge für alles, Fotograbenkämpfer und Textakrobat. Herausgeber und Erfinder.