Schnell noch das letzte Bild geradegerückt, ein paar Flaschen Wasser bereitgestellt und den Tritt zur Bühne mit doppelseitigem Tape festgeklebt, dann kann er kommen: Kein Geringerer als Hollywood-Star Sylvester „Sly“ Stallone war am Freitag zu Besuch in Hagen.
Höchstpersönlich nahm die Action-Legende noch vor den regulären Besuchern die Ausstellung seiner Werke im Osthaus Museum in Augenschein. Begleitet von etwa 80 Presseteams und trotz aller vorheriger Bitten um Zurückhaltung wurde er schon bei seiner Ankunft am Hintereingang von rund 100 Fans erwartet.
„Wir wollen Sylvester Stallone hier als Vollblut-Maler bei uns empfangen. Bei allem Verständnis für seine Film-Anhänger: Autogramme wird es heute nicht geben“, hatte Dr. Tayfun Belgin, Direktor Osthaus Museum Hagen, bereits im Vorfeld verkündet. Ganz durchboxen konnte er diesen Plan mit dem Publikumsliebling zwar nicht, trotzdem lag der Fokus des Besuchs eindeutig auf das eine andere Art des künstlerischen Schaffens, die die meisten Menschen beim Namen Stallone wohl eher nicht erwarten.
„Who did that?“, grinste die Hauptfigur des Tages beim Anblick eines seiner eigenen Bilder. Insgesamt 53 davon sind offiziell bis 20. Februar im Osthaus Museum zu sehen. Die Ausstellung „Best of life“ anlässlich des 75. Geburtstages von Stallone in diesem Jahr zeigt Gemälde von 1966 bis 2020. Denn, was viele nicht wissen: Der Superstar malte bereits, bevor seine Filmkarriere startete. Zum Gesamtwerk gehören Selbstportraits und noch nie zuvor gezeigte Arbeiten.
Die Museumsausstellung in Hagen ist nach St. Petersburg und Nizza erst die dritte für Stallone überhaupt. Dementsprechend aufgeregt erschien der Protagonist in Deutschland. „Es ist immer noch eine ganz neue Welt für mich“, offenbarte er. An einem Film-Set sei er nur einer von vielen Stars, doch die Malerei zeige ihn absolut nackt und persönlich, „the blame, the shame and the fame“. Die Malerei sei die reinste aller Kunstformen und sehr emotional. Wahrscheinlich deshalb könne er auch besser malen, wenn er in schlechter Stimmung sein. Und eine Warnung gibt er noch: „Don´t ever talkt to me when I´m painting!“
Stallones Bilder sind einerseits „action-geladen“ und ausdrucksstark wie seine Filme und andererseits feinnervig und vielschichtig in ihren Aussagen. Der kunstaffine Hollywoodstar nutzt kenntnisreich verschiedene Kunstformen wie Surrealismus, Expressionismus und Abstraktion als Ausdrucksformen. Dass sein künstlerisches und filmisches Schaffen sich gegenseitig befruchten, zeigen Bilder wie „Finding Rocky“ von 1975, denn die berühmte Filmfigur erschien auf der Leinwand schon lange vor dem Skript. Und vielleicht gerade weil er selbst keine klare Trennung seiner verschiedenen Lebensbereiche vornimmt, nimmt er es auch dem Publikum nicht besonders übel. Dass es schwer sei, einen Schauspieler auch als Maler ernst zu nehmen, das liege in der menschlichen Natur, erklärt er. Trotzdem könnte sich demnächst der ein oder andere Besucher ins Museum verirren, der ohne Rocky, Rambo & Co. wohl niemals seinen Weg dorthin gefunden hätte.
Die Ausstellung im Osthaus Museum Hagen, Museumsplatz 1, läuft vom 4. Dezember 2021 bis 20. Februar 2022. Passend zur Ausstellung erscheint ein umfangreicher zweisprachiger Katalog, herausgegeben von Dr. Tayfun Belgin, Direktor Osthaus Museum Hagen.
Master Chief, Junge für alles, Fotograbenkämpfer und Textakrobat. Herausgeber und Erfinder.