Review: Iron Maiden – The Book of Souls

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Book of Souls Iron MaidenDoppel-CD, 92 Minuten? Feuchter Traum? Nein, die neue Maiden ist so lang und wurde bereits vor der Bekanntgabe der Krebserkrankung von Frontsirene Bruce Dickinson fertiggestellt. Nun, da er scheinbar genesen ist, darf der Rundling in die Shops gestellt werden. Zuvor gab es bereits eine große Ankündigung, dass die Band mit einem neuen Jumbo-Jet mit Kapitän Bruce am Knüppel die Welt bereisen und bespielen wird. Die Vorfreude auf “The Book of Souls” konnte deshalb nicht größer sein, doch können Maiden über mehr als eineinhalb Stunden glänzen? 

Der Opener “If eternity should fail” macht schon einmal einen exzellenten Eindruck, ist untypisch für das erste Stück einer Iron Maiden-Scheibe. Eher im Midtempo verwurzelt grooven sich die Jungfrauen mit einem großartig singenden Dickinson durch fast neun Minuten. Alle Trademarks der Band sind da, orientalische Harmonien versüßen den Mittelteil und der Refrain ist ein absoluter Ohrwurm, der spätestens nach dem zweiten Mal zündet. Jetzt hauen die Briten die Single “Speed of Light” raus und die folgt dem Maidenschen Album-Schema seit 2000, welches besagt, dass die Single schnell und einfach zu sein hat. Kein “Run to the Hills”, aber auch weit entfernt von einem schlechten Song. Danach geht es kurz bergab: “The great unknown” wird auch nach fünfmaligen Hörens nicht zur Übernummer. 

Dafür hauen Harris und Co anschließend mit “The Red and the Black” eine starke Nummer in die Rillen, bei deren Wohohoho-Teil man die Massen in den ausverkauften Stadien der Welt mitsingen zu hören vermag. Hat man sich erst einmal an die konsequent durchgesetzte Strophen-Gesangslinie gewöhnt (hier singt Bruce quasi analog zum Gitarrenlick), hält der 13-Minüter von Gitarrenduellen bis geilem Refrain eine ganze Menge zum Entdecken bereit. 

“When the River Runs deep” startet mit einem Lick, das auch auf “Seventh Son” sich hätte entladen können, bevor der Song richtig Fahrt aufnimmt und sich so zu einem der schnellsten Tracks der CD entwickelt (nicht ohne eine Maiden-typische Halftime Bridge natürlich).

Der Titeltrack ist mit seinen zehn Minuten fast zu kurz, scheint “The Book of Souls” doch hell und schön in der Herbstsonne der Maiden-Karriere. Klar, das Intro ist direkt stark an “The Talisman” vom letzten Album “The Final Frontier” angelehnt, doch danach zeigen unsere Lieblings-Jungfrauen, was sie im hohen Alter songwriterisch noch so auf dem Kasten haben. Wieder hören wir orientalische Skalen über langsam groovenden Rhythmen, haben einen Hauch “Powerslave” im Ohr und sind beeindruckt von Dickinsons Interpretation. Im letzten Drittel gibt die Band Gas und schafft es auch hier, dass 10.30 Minuten einem nicht zu lang vorkommen.

CD zwei startet mit “Death or Glory” in Gedenken an Kriegsnummern wie “Aces High” furios, kann einen tollen Refrain vorweisen, das Rennen gegen Trooper und Co aber naturgemäß nicht gewinnen. “Shadows of the Valley” ist eine Füllernummer, schade.

Besser macht es “Tears of a clown”. Starker Refrain, die Vibes des Midtempo-Rockers erinnern an Dickinson-Werke wie “River of no Return” oder “Coming Home”, der Soloteil ist einer der besten und mitreißendsten des gesamten Albums. Mit “The Man of Sorrows” holen Iron Maiden noch einmal Luft in Form einer hübschen Ballade, bevor der Höhepunkt des Albums einem die Kinnlade aufstehen lässt.

“Empire of the Clouds” ist ein absolutes Epos, das jeden Cent der CD alleine Wert ist. Die (wahre) Geschichte um das Luftschiff R101, einem Monster von Zeppelin, in den die ganze Titanic gepasst hätte (!) und das 1930 in Flammen aufging, ist echtes Prog-Material, ohne dass man je vergessen kann, welche Band hier spielt. Der ungewöhnliche Klavierbeginn und das später einsetzende Orchester täuschen nicht darüber hinweg, dass alle Maiden-Trademarks in den 18 Minuten ausführlich zum Tragen kommen. Wir reden hier von einem Song, den weniger vertrackte Dream Theater (mit besserem Sänger) oder frühe Marillion (mit dickeren Eiern) zusammen geschrieben haben hätten können. Wir reden hier von einem absoluten Brillanten in Maidens Karriere, der so manch schwächeren Track auf “The Book of Souls” vergessen lässt. 

 

Fazit: Drei Songs weniger und die Höchstpunktzahl wäre vorstellbar gewesen

 

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