Classics: Zen Arcade / Hüsker Dü

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husker du - 1984 zen arcadeHardcore-Puristen der ersten Stunde werden es nicht gerne hören, aber Zen Arcade (1984) von Hüsker Dü ist wegen seiner eher bescheidenen Soundqualität möglicherweise einer der am seltensten aufgelegten Albumklassiker aller Zeiten. Allerdings wurde das 70-minütige Konzeptalbum der längst schon legendären Wegbereiter des Alternative-Rocks – Bob Mould, Grant Hart und Greg Norton – auch binnen dreieinhalb Tagen fast komplett live eingespielt und final abgemischt. Für rund 3.000 Dollar. Und das hört man leider am viel zu dumpfen Sound. Dies ändert jedoch nichts an der Tatsache, dass die vierte Scheibe des 1988 im Streit aufgelösten US-Trios aus Minnesota bis heute sowohl durch das Songmaterial und die musikalische Virtuosität als auch durch den konzeptionellen Ansatz besticht. Nicht selten wurde Zen Arcade deswegen von Kritikern als das Tommy des US-Hardcore bezeichnet. 

Erzählt wird die Geschichte eines jungen Mannes, der völlig frustriert aus der Bigotterie seines Elternhauses ausbricht, in der Welt da draußen aber die Erfahrung machen muss, dass es eigentlich überall die gleiche Scheiße ist. Entsprechend handelt das über die gesamte Distanz grimmige und düstere Album von Entfremdung, Eskapismus, Hoffnung, Liebe und Verlust. Damit bohrten Hüsker Dü den frühen US-Hardcore (ebenso wie die Minutemen im selben Jahr mit Double Nickels On The Dime) nicht nur thematisch auf, sondern die Haupt-Songwriter Hart und Mould nutzten die vielen Handlungswindungen der Story auch dazu, dem Genre neue musikalische Nuancen hinzuzufügen. Damit ebneten sie zunächst einmal dem Post-Hardcore den PictureWeg. 

So findet sich neben genretypischen Lärmern wie „Broken Home, Broken Heart“, „Indecision Time“ oder „Pride“ mit „Never Talking To You Again“ sogar ein folkiges Stück auf dem atmosphärisch dichten Doppelalbum – und mit „Turn On The News“ ein kleiner Underground-Hit. Hinzu kommen diverse Ausflüge in psychedelische und jazzige Gefilde sowie zwei kurze Piano-Zwischenspiele. Ziemlich mutig aus damaliger Sicht. Vor allem die vergleichsweise melodiösen und von Moulds stilprägendem Gitarrenspiel dominierten Songs „Chartered Trips“, „Somewhere“, „Pink Turns To Blue“ und „Whatever“ sind es aber, die die Zeit überdauert haben – und wegen ihres bisweilen fast schon „poppigen“ Untertons erahnen lassen, wohin die Reise auf den folgenden vier Alben gehen wird. Und das ist angesichts solcher Evergreens wie „Celebrated Summer“ (New Day Rising, 1985), „Makes No Sense At All“ (Flip Your Wig,1985), „Hardly Getting Over It“ und „Don’t Wanna Know If You Are Lonley“ (Candy Apple Grey, 1986) oder „Could You Be The One?“ (Warehouse – Songs & Stories,1987) beileibe nicht despektierlich gemeint. Nun, jedenfalls haben Bands wie Throwing Muses, Lemonheads, Pixies und allen voran natürlich Nirvana dann später aus diesen musikalischen Blaupausen den klassischen Alternative-Rock der 1990er entwickelt. Vom Pop-Punk á la Green Day oder Blink-182 ganz zu schweigen. 

Übrigens gibt es auf YouTube seit geraumer Zeit eine „Private Remaster“-Version des Mittachtziger-Meilensteins – auch wenn die eingangs erwähnten Puristen jetzt wieder die Nase rümpfen werden.

 

 

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