Der König der Klugscheißer

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startbildEr ist der Klugscheißer der Nation: Deutsch-Guru Bastian Sick hat bei seinem Gastspiel in der Mülheimer Stadthalle alle Tücken auf's1 Trapez2 gebracht, wo3 die deutsche Sprache hat. Wer diese Einleitung ohne mit der Wimper zu zucken über sich ergehen lassen konnte, dem kann "Bye Bye" gewunken4 werden. Bastian Sick ist nämlich der Typ, der sich in den drei Folgen der Buchreihe "Der Dativ ist dem Genitiv sein Tod" auf höchst amüsante Art und Weise die Fallstricke der deutschen Sprache, die Schwierigkeiten der Apostrophsetzung und den Eigentümlichkeiten der Dialekte vorgeknöpft hat. Die meisten seiner Anekdoten und Zurechtweisungen finden sich in seiner Zwiebelfisch5-Kolumne  auf Spiegel Online . Wer also schon derart "vorgebildet" in der Stadthalle ankam, wusste, was auf ihn zukam. Im Prinzip war es eine freie Lesung mit Bildelementen auf einer Leinwand, die Sick vor ausverkauftem Auditorium abhielt. Angepriesen wurde es als "Der Dativ ist dem Genetiv sein Tod – Die Tournee", wobei Sicks hölzernes Auftreten dabei schon bemerkenswert war, aber kaum jemanden aus dem Konzept brachte. Er ist nun einmal nicht dafür bekannt, ein begnadeter Komödiant oder Bühnendarsteller zu sein. Dabei kam auch nicht jede Zote gut an. Immer wieder setzte Bastian Sick auf platte Scherze zur Steigerung seiner intellektuellen (und durchaus humoristischen) Ausführungen. Ein völlig unnötiger Schachzug, denn er ist und wird kein Dieter Nuhr mehr, auch, wenn er dessen Mimik im Vorfeld der Lesereise offenbar gut studiert hat. Trotzdem lohnte die Reise durch den Dschungel der deutschen Sprache. Zwei Stunden über deutsche Grammatik zu referieren ohne zu langweilen, davon träumt ein jeder Deutschlehrer. Besonders, wenn er die Verrücktheiten deutscher Schilderwälder anschaulich machte (Frauenparkplatz – 5 Plätze freihalten), gefiel Sicks Auftritt. Oder wenn er berichtete, dass zum Beispiel das Wort Fräulein der politischen Korrektheit zum Opfer gefallen sei und es aber statt dessen kaum eine andere Möglichkeit gebe, eine Gastro-Servicekraft heranzurufen, amüsierte dies die Leute im Saal. Schade, dass er nicht auf das Wort Bedienung stattdessen gekommen ist. Nicht unerwähnt bleiben darf jedoch auch, dass er viele Spitzfindigkeiten einfach auf sich beruhen lassen sollte, dass er keinen niederländischen Fußballspieler (Eric Meijer) zitieren sollte, um sich über dessen Deutsch auszulassen, dass er dringend einen Schauspieltrainer benötigt, der ihm seine peinliche und immer gleiche Gestik austreibt. Für eifrige Leser seiner Kolumnen ist Bastian Sick aber ohnehin eine Art Pop-Star, ein Messias der deutschen Sprache. Leider kannten gerade diese fast 95 Prozent seiner Einwürfe bereits in- und auswendig, weshalb Sick live vor allem für Sickfans eigentlich unnötig ist. 

 

Anmerkungen:

1 aufs (ohne Apostroph)

2 Tapet (Verwendung in der Redewendung "etwas aufs Tapet bringen" : d.h. etwas ansprechen / zum Thema machen / zur Diskussion stellen / Tapet ist eine Nebenform zu Tapete. Mit Tapete wurde früher der grüne Bezug des Konferenztisches in Sitzungszimmern bezeichnet. Wikipedia)

3  die ("wo" ist in einigen deutschen Dialekten gebräuchlich)

4  zugewinkt (weil winken ein regelmäßiges Verb ist, wie z.B. hinken)

5 Zwiebelfische nennen Schriftsetzer und Buchdrucker ein Durcheinander unsortierter oder versehentlich nicht richtig auseinandersortierter Lettern. Der Begriff stammt aus der Zeit des Bleisatzes und wurde in der genannten Bedeutung nur im Plural verwendet.(Quelle Wikipedia)

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